Also, ich bin ja einer, der Langstreckenflüge berufsbedingt sehr oft erlebt. Nicht nur, weil ich im Tourismus tätig bin, sondern vor allem weil ich im (europäischen) Winter in Chile und Argentinien arbeite, wodurch es mich allein schon deshalb oftmals pro Jahr auf die Langstrecke zwischen Europa und Südamerika verschlägt. Mit der Zeit wuchs dann die Erfahrung, wie man solche 15-Stunden-Erlebnisse möglichst bestens überlebt. Dazu ein paar Tipps von mir:
1. Upgrade!!!
Ein Langstreckenflug ist die beste Gelegenheit, das Meilenkonto der Vielfliegerkarte zu plündern. Der Komfortgewinn durch einen Klassenwechsel ist beträchtlich und der Upgrade ist relativ günstig zu haben (während die ansonsten von den Fluggesellschaften angebotenen Kostbarkeiten – selbst ‚Frei’flüge – eher überteuerter Nepp sind und nur dann gegen Meilen getauscht werden sollten, wenn man schon gar nicht mehr weiß wohin mit den Meilen).
2. Richtiger Sitzplatz
Fensterplatz beim Langstreckenflug: Die Aussicht beim Start und bei der Landung am Flughafen ist nicht so sehr berauschend und dazwischen sieht man meist weiß (Wolken) oder blau (Meer) oder schwarz (Nacht). Erfahrungsgemäß sind auch die Plätze am Kabinenrand die kältesten. Selbst erlebt, durch unfreiwillige Platzierung am Fenster von Peking nach Wien: Auch drei Decken (und drei Schnäpse) der AUA bewahrten mich nur knapp vorm Erfrierungstod. Und wenn man sich dem Erfrierungstod nur dadurch entziehen kann, dass man immer mal wieder zwei genervte Leidensgenossen überklettert, dann sieht man vielleicht sogar rot.
Also: Als Alleinreisender bemühe ich mich in Großraumflugzeugen um einen Platz am Korridor der Mittelgruppe im hinteren Kabinenbereich, also in den höheren 30ern oder niedrigen 40ern. Diese Plätze haben viele Vorteile. Einerseits kann man aufstehen, wann man möchte, ohne dass man den Nebenmann aufrempeln muss. Andererseits wird man maximal von einer Person aufgebeten (bei vier Plätzen in der Mittelgruppe tendiert der Reisende neben meinem Nachbarn natürlich dazu auf der anderen Seite raus zu wollen; bei drei Plätzen hat man dann oft Pärchen neben sich, die einander eher aufdrängen, als den fremden Nebenmann aus dem Schlaf zu reißen). Sitzt man an der Fenstergruppe, hat man oft zwei Leutchen neben sich, die keinen anderen Weg zum Lokus haben als…
Sitzt man im hinteren Bereich des Vogels, hat man aufgrund der üblichen Beladungstechniken die höchsten Chancen auf freie Plätze in der Umgebung, die man in Beschlag nehmen kann. Der erfahrene Reisende blättert also nach dem Einsteigen nicht gähnend im Duty-Free-Katalog herum, sondern wartet geduldig Ausschau haltend auf seinen Moment.
Wichtig auch: nicht zu nahe an Bordküche (tratschende Stewardessen), Toilette (andauernde Spülungsgeräusche) und sich verengendem Heck (Mitreisende tendieren hier zum Anstreifen und Rempeln). Am besten sieht man sich im Vorhinein seinen Flug ein bisschen genauer an: Checkmytrip gibt relativ genaue Auskunft über das verwendete Fluggerät; Seatguru verrät dann ein bisschen was über die jeweiligen Sitze.
3. Nie wieder ins Kino!
Ich bin – ich gebe es zu – Fernseh- und Kinoverweigerer. Wenn man oft genug unterwegs ist, wird man im Bord-Unterhaltungssystem über den Turbulenzen ohnehin mit all den wesentlichen Blockbustern bedient – und vielem Müll, den man sich besser nie angesehen hätte. Und für den man zum Glück nicht bezahlen muss (vom Ticket-Preis abgesehen). Und so kommt es, dass man auch als Nichtkinogänger relativ gut informiert ist über die Filme der letzten Jahre, weil man sie zwischen Paris und Santiago oder zwischen Istanbul und Hong Kong schon gesehen hat. Welch Unsummen an unnötigen Ausgaben (für Popcorn) man sich als Vielflieger sparen kann…
4. Keinen unnötigen Ballast
Achtung: Je mehr man mitschleppt, muss man zwischen andere Rücksäcke in die Overhead Bins stopfen oder stundenlang neben den Füßen dulden. Wenn man also nicht wirklich Goethes gesammelte Werke vorhat zu lesen, lasse man sie im Antiquariat bzw. in Onkel Ferdinands Bibliothek. Das Ganze wird schlimmer, wenn man auch noch umsteigen muss. Dann muss man das Zeug auch noch durch Charles de Gaulles oder Sheremetjevo Zwei schleppen. Daher superwichtige Regel: So wenig Ballast wie möglich!
5. Wasser!
Für mich gehören die Ausgaben für einen halben Liter Wasser pro angefangene fünf Stunden Flug zum Ticketpreis. Das heißt, no matter wie viel unverschämte französische Airports mir für ihr Vittelwasser abknöpfen – ohne Wasserreserve steige ich nie in einen Flieger. Von gezuckerten Elektrolytgiften halte ich wenig, aber das kann ja jeder so halten wie er Gatorade will.
6. Den eigenen Schlafgewohnheiten vertrauen
Jeder, der schon mal geflogen ist, weiß, ob er über den Wolken schlafen kann oder nicht. Manche werden vom monotonen Motorengeräusch und der aufbereiteten Atemluft über den Wolken sofort eingeschläfert. Dieser Menschenschlag verstärkt bisweilen noch den Effekt durch Anstrengungen, ungenügend Schlaf oder Alkohol vor dem Flug, um nur ja müde einzusteigen und dann den Großteil des Fluges zu verschlafen. Glücklich der, der dies kann. Oftmals – vor allem vor wichtigen Terminen – ist man jedenfalls besser beraten, eher ausgeruht einzusteigen. Ansonsten riskiert man, dass man komplett gerädert ankommt, wenn es aus irgendeinem Grund (turbulente Witterung, turbulente Kinder, turbulenter Mageninhalt) dieses Mal nicht klappt mit dem Schlafen. Jedenfalls aber gilt:
7. Gute Ausrüstung ist wichtig!
Ausnahmen bestätigen die Regel (ach, wie ich diesen abgelutschten Sager hasse, und ich verwende ihn trotzdem): Ein gewisses Mindestmuss an Ausrüstung gibt es. Für mich gehören da Dinge dazu wie dicke Socken (statt der Straßenschuhe), eigene Kopfhörer mit Flugzeugadapter (damit ich nicht auf manchmal langsamen Service warten muss; wird aber immer unnötiger), Ohropax (wenn ich es mir anders überlege) und Augenklappe (nicht nur für ein Auge, sondern für beide, har, har, har), soll heißen eine Schlafmaske. Eine leichte Haube und ein dünner Pullover runden die Sache ab – und vergemütlichen den Aufenthalt im Kurzzeitgefängnis auf Wolke 747.